Wenn ich Familien begleite – ein achtsamer Blick hinter die Tür
- Tina Haldi
- 1. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Es ist ein besonderer Moment, wenn ich eingeladen werde, eine Familie in ihrem Zuhause zu begleiten. Kein Beratungsraum, kein neutraler Boden – sondern der ganz persönliche Raum, in dem Alltag gelebt wird. Genau das ist für mich ein Geschenk. Und gleichzeitig ein Auftrag: behutsam zu sein, respektvoll, zurückhaltend, offen. Ich weiss, wie verletzlich dieser Rahmen sein kann.
Wenn ich bei einer Familie zu Hause bin, bin ich mitten im echten Leben. Ich sehe, höre, spüre viel. Und ich weiss: Ich bin zu Gast. Nicht als Beobachterin – sondern als jemand, der eingeladen wurde, ein Stück Weg gemeinsam zu gehen. Das braucht Vertrauen. Und das entsteht nur durch echte Begegnung.
Oft kommen Familien zu mir, die schon viel erlebt haben. Viel nicht gehört wurden. Immer wieder abgewiesen. Immer wieder das Gefühl: „Mit uns stimmt etwas nicht.“Dabei spüren sie doch ganz genau, dass da etwas ist. Nur: Das System hat dafür oft noch keinen Namen.
Eltern, die in ihren Kindern Dinge erkennen, die andere (noch) nicht sehen. Kinder, die aus dem Raster fallen. Familien, die müde sind vom Erklären und doch immer weiterkämpfen. Manchmal mit Diagnosen, manchmal ohne. Manchmal mit halben Antworten und vielen Fragezeichen. Und dann stehen sie da – mutig, ehrlich, erschöpft – und suchen jemanden, der nicht fragt: „Was passt hier nicht?“Sondern: „Wie kann es für euch wertvoller werden?“ Dieser wundervolle Unterschied durfte ich von Claudia Rittinghaus lernen, mit ihr arbeite ich bei Skogglade. Es ist so ein schöner Ansatz, es muss nicht gut gemacht werden, sondern wertvoller, so kann sich mehr Entspannung einstellen.

In meinem Coaching ist genau das mein Ansatz. Ich muss keine Diagnose abwarten, um zu verstehen, dass es da Themen gibt. Ich arbeite mit dem, was da ist. Mit dem, was sichtbar wird. Und mit dem, was zwischen den Zeilen liegt.
Gemeinsam finden wir heraus, was jetzt hilft. Was möglich ist. Was gut tut. Manchmal sind es kleine Schritte. Manchmal ein ganz neuer Blick auf das, was war. Aber immer geht es darum, dass sich etwas lichtet. Dass Verständnis wächst. Und dass die Familie sich nicht mehr so allein fühlt.
Ich wünsche mir, dass Neurodiversität mehr Raum bekommt. Dass es normal wird, verschieden zu sein. Dass Familien gesehen werden – auch wenn sie nicht ins System passen. Gerade dann.
Denn genau dort beginnt oft das Wertvollste.
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