Wenn Hormone uns aus der Bahn werfen – Neurodivergenz und das unterschätzte Zusammenspiel mit Schilddrüse, Östrogen und Progesteron
- Tina Haldi
- 25. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, in der mein Alltag von unerklärlichen Stimmungsschwankungen, Erschöpfung, Migräne und einem diffusen Gefühl des „Nicht-Funktionierens“ geprägt war. Als neurodivergente Frau mit AuDHS und einer Schilddrüsenunterfunktion war ich jahrelang auf der Suche nach Antworten – und vor allem nach Gehör.
Was ich heute weiss – und was ich damals so schmerzhaft erleben musste: Hormone haben einen massiven Einfluss auf die Wahrnehmung, das Denken und Fühlen, besonders bei Menschen mit Neurodivergenz. Und dieser Einfluss wird noch immer viel zu oft ignoriert – besonders bei Frauen.
Wenn der Zyklus zur Achterbahnfahrt wird
Vor meiner Schilddrüseneinstellung war mein Monat kalkulierbar – 7 Tage Migräne, punktgenau rund um den Eisprung und kurz vor der Periode. Schmerzen, so stark, dass ich einfach nur noch sterben wollte. „Psychisch“ wurde es genannt. Ich könne mich entspannen, meditieren, pflanzliche Mittel nehmen, Migränemittel probieren, wo ich allergisch drauf war. Nichts davon hat geholfen. Nichts – bis ich verstanden habe, dass mein Körper hormonell im Ausnahmezustand war.
Eine Östrogendominanz, eine nicht erkannte Schilddrüsenunterfunktion, ein Zyklus, der hormonell alles aus dem Gleichgewicht brachte – und das Ganze kombiniert mit einer ADHS-bedingten erhöhten Reizempfindlichkeit.
Heute – mit passender Medikation für Schilddrüse und Hormonbalance – lebe ich. Nicht mehr nur überleben. Ich kann denken, atmen, fühlen, ohne mich ständig gegen meinen eigenen Körper wehren zu müssen.
Warum ich diesen Weg öffentlich mache
Weil ich weiss, dass ich nicht die Einzige bin. Und weil ich es nicht fassen kann, dass so viele Frauen noch immer nicht ernst genommen werden. Fachpersonen winken ab, schicken nach Hause, stellen die Psyche in den Vordergrund – obwohl der Körper schreit. Das ist keine „Befindlichkeit“. Das ist Biochemie. Das ist Endokrinologie. Und es ist Zeit, dass wir das ernst nehmen.

Was ich mir wünsche – für dich, für uns alle
Dass Fachpersonen beginnen, genauer hinzusehen. Besonders bei neurodivergenten Frauen.
Dass Eltern verstehen, wie sehr hormonelle Veränderungen das Verhalten ihrer Kinder beeinflussen können – vor allem bei ADHS oder Autismus.
Dass Lehrpersonen, Heilpädagoginnen, Ärztinnen und Betreuer lernen, die körperlichen Ursachen mit in den Blick zu nehmen.
Dass Frauen sich ernst nehmen lassen – und nicht klein machen lassen mit der Aussage: „Das ist nur der Stress.“
Ich kämpfe für dich, wenn du dich nicht mehr ernst genommen fühlst. Wenn du jeden Monat wieder einbrechen musst. Wenn du das Gefühl hast, du funktionierst nicht – du bist nicht falsch. Vielleicht fehlt deinem Körper einfach nur das, was er braucht, um dich zu tragen.
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