Ferien als Familie mit Kinder im Autismus-Spektrum – individuell, strukturiert und wertvoll
- Tina Haldi
- 15. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Es gibt nicht die eine Art von Ferien – schon gar nicht, wenn Kinder oder Erwachsene im Autismus-Spektrum mit dabei sind. Und das ist gut so. Denn so einzigartig jede Person im Spektrum ist, so unterschiedlich sind auch ihre Bedürfnisse in der Ferienzeit.
Manche Kinder lieben Camping. Sie geniessen es, draussen zu sein – vorausgesetzt, sie haben ihren Rückzugsort: ein vertrautes Zelt, ein Wohnwagen, vielleicht sogar nur eine kleine Ecke mit bekannten Dingen. Für andere ist Camping purer Stress: zu laut, zu unberechenbar, zu viele Reize. Sie brauchen eine ruhige Ferienwohnung, mit festen Wänden, abgedunkeltem Schlafzimmer und gewohnter Routine.
Einige Kinder freuen sich auf den Sandstrand, lieben das warme Gefühl unter den Füssen. Andere empfinden Sand als unangenehm – zu klebrig, zu krümelig, zu viel. Und das salzige Wasser? Für manche eine Wohltat, für andere ein Overload aus Geschmack, Temperatur und Gefühl.

Die Sonne brennt – und der Körper reagiert
Für viele Menschen im Autismus-Spektrum ist Hitze mehr als nur unangenehm. Die Regulation der Körpertemperatur funktioniert oft anders. Die Kombination aus schwitzen, Überhitzung, grellem Licht, Sonnencremegeruch und nassen Kleidern kann in eine Reizüberflutung führen – mit Meltdown-Potenzial.
Ich möchte dich ermutigen: Gestalte eure Ferien so einfach wie möglich – für dein Kind, aber auch für dich. Viele Eltern sind selbst neurodivergent und tragen grosse Lasten. Unsere Ferien sehen anders aus als die von neurotypischen Familien – aber sie können trotzdem wertvoll sein.
Wählt Orte, die eure Kinder kennen und mögen. Nehmt mit, was Sicherheit gibt:
Kuscheltiere, Kissen, Safefood
Fidgettoys, gewohnte Düfte, das Lieblingsspiel
Geräuschschutz, Sonnenhut, ein Verdunkelungsrollo für unterwegs
Behaltet Struktur bei, so gut es geht: feste Essenszeiten, Schlafenszeiten, klare Tagespläne. Klingt wenig nach Ferien? Mag sein. Aber genau das kann helfen, überhaupt Urlaub machen zu können. Ein Plan kann so aussehen:
Tag 1: Ankommen, nichts tun
Tag 2: Am Morgen ein Spaziergang mit Spielplatz, am Nachmittag Zeit zu Hause
Dazwischen: Pausen eintragen, nichts überladen
Mit einem solchen Rahmen entsteht Raum – vielleicht sogar für spontane Momente. Ein Eis essen, das nicht geplant war? Genau das kann dann möglich sein.
Struktur bedeutet nicht Einschränkung. Im Gegenteil: Sie schenkt Flexibilität dort, wo es sonst schnell kippen würde. So paradox es klingt – genau das ist der Weg für viele Familien im Spektrum.
Ich wünsche euch, dass eure Ferien nicht perfekt, aber echt, machbar und wertvoll werden – für euch alle.
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